Dienstag, 17. 7. 2007, 20 Uhr NGBK Berlin, Veranstaltungsraum 1. Stock |
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Ort: NGBK Berlin, Veranstaltungsraum,
1. Stock Oranienstr. 25, 10999 Berlin Tel. 030/616 513-13, Fax 030/616 513-77 presse@ngbk.de www.ngbk.de
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Sowohl Alliierte im Nachkriegsdeutschland als auch Kemalisten während der Modernisierung der Türkei strebten an, die jeweilige Bevölkerung zu Staatsbürgern zu erziehen. Die Deutschen sollten zu Demokraten werden, die Türken in den 20er Jahren zu Bürgern eines laizistisch orientierten Nationalstaats nach westlichem Vorbild. Die unterschiedlichen Prämissen, Methoden der Umerziehung und die Probleme stellen der Sozialpsychologe und Soziologe Mehmet Mihri Özdogan und der Künstler und Filmkurator Florian Wüst vor. Im anschließenden Gespräch liegt der Fokus auf möglichen Parallelen. Die Darstellung der Idee der Nation in konkreten präsentativen Symbolen, die an allgemein öffentlichen Orten präsent sind (wie architektonische Elemente) und zudem bis in die kleinsten Alltäglichkeiten des Lebens eindringen (wie Musik), macht sie zu einem generellen wie entscheidenden Sozialisationsfaktor. In der neu gegründeten türkischen Republik nutzte die nationalistische Elite zur Modernisierung der Gesellschaft solche Symbole. Anhand einer sozialpsychologischen Analyse der sogenannten kemalistischen Kulturevolution in der Türkei der dreißiger Jahre diskutiert Mehmet Mihri Özdogan wie die Konstituierung der Nationalkultur als Symbolsystem zur entscheidenden Grundlage der Verbindung zwischen dem Einzelnen und dem nationalen Kollektiv wird. Mit dem European Recovery Program (ERP), dem sogenannten Marshallplan, unternahm die amerikanische Regierung nach Ende des 2. Weltkriegs den Wiederaufbau derjenigen europäischen Länder, die nicht unter direktem Einfluss der Sowjetunion standen. Vor allem in Westdeutschland wurde die ökonomische Initiative der Amerikaner von einer beispiellosen Informationskampagne begleitet, in der Filme eine entscheidende Rolle spielten. Eine Aufgabe der bis 1952 von den westlichen Alliierten produzierten Lehr- und Dokumentarfilme war die Umerziehung der Menschen hin zu einer demokratischen Grundeinstellung. Anhand von Filmbeispielen und -ausschnitten diskutiert Florian Wüst die ästhetischen Strategien dieses Re-Orientation Programms. Der Schwerpunkt der mittlerweile ins vierte Jahr gehenden Veranstaltungsreihe liegt in diesem Jahr auf Kunst und Demokratie in Hinblick auf ihre Bedingungen, Umsetzungen, Alternativen und Umbauten. Ende des Jahres erscheint die Publikation Demokratie … in der neuen Gesellschaft mit Beiträgen der Vortragenden, Auszügen aus den sich anschließenden Diskussionen und zusätzlichen Text- und Bildbeiträgen. Referenten: Mehmet Mihri Özdogan, 1970 in der Türkei geboren, lebt seit 1991 in Deutschland. Er ist Sozialpsychologe und Soziologe und hat an der Universität Hannover über Nationalismus in der Türkei promoviert. Seine Dissertation: Nation und Symbol. Der Prozess der Nationalisierung am Beispiel der Türkei, erscheint im Herbst 2007. Florian Wüst 1970 in München geboren, lebt in Berlin. Als Künstler und Filmkurator setzt er sich immer wieder mit der Geschichte der Bundesrepublik auseinander. Wüst kuratierte jüngst die Filmreihe von „die stadt von morgen – Beiträge zu einer Archäologie des Hansaviertels Berlin“ in der Akademie der Künste am Hanseatenweg und im Kino Arsenal. Finanziert aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin |
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