Der Mensch setzt sich selbst der Einheit seines Geldes gleich. In der Inflation kommt also etwas zustande, was bestimmt nie bezweckt worden ist, etwas so Gefährliches, daß jeder, der irgendeine Form von öffentlicher Verantwortung trägt und es absehen könnte, davor zurückschrecken müsste: eine doppelte Entwertung, die aus doppelter Gleichsetzung entspringt. Der einzelne fühlt sich entwertet, weil die Einheit, auf die er sich verließ, die er sich selber gleich achtete, ins Abgleiten geraten ist. Die Masse fühlt sich entwertet, weil die Million entwertet ist. Es ist gezeigt worden, wie doppeldeutig der Gebrauch des Wortes Million ist; wie er für beides steht, die hohe Summe Geld und die große Ansammlung von Menschen, ganz besonders in der Vorstellung, die man sich von der modernen Großstadt macht; wie ein Sinn in den anderen übergeht, eines sich vom anderen recht eigentlich nährt. Alle Massen, die sich in Inflationszeiten bilden – und sie bilden sich gerade dann sehr häufig –, stehen unter dem Druck der entwerteten Million. So wenig man allein gilt, so wenig gilt man dann auch zusammen. Wenn die Millionen in die Höhe klettern, wird ein ganzes Volk, das aus Millionen besteht, zu nichts.
Canetti-"Masse und Macht"