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Die Verläßlichkeit
ist der Münze wichtigste Eigenschaft. Am Besitzer allein ist es gelegen,
sie gut aufzuheben; sie rennt nicht von selber weg wie ein Tier, zu bewachen
ist sie nur vor anderen Menschen. Man muss ihr nicht mißtrauen, man
kann sie immer verwenden, sie hat keine Launen, auf die man Rücksicht
nehmen muß. Eine weitere Befestigung in sich erfährt jede Münze
durch ihre Beziehung zu anderen von ungleichem Wert. Die Hierarchie unter
den Münzen, die strikt eingehalten wird, macht sie noch personennäher.
Man könnte von einem gesellschaftlichen System der Münze reden,
mit Rangklassen, die in diesem Falle Wertklassen sind: für hohe Münzen
kann man wohl niedere, für eine niedere nie hohe herausbekommen.
Der Haufe von Münzen ist seit altersher und bei meisten Völkern
bekannt als Schatz. In der Art, wie er als Einheit empfunden wird, wie man
auf ihn stößt, ohne zu wissen wieviel er wirklich enthält,
hat er manches von einer Masse an sich. Man kann darin wühlen und Münze
von Münze trennen. Man erwartet ihn immer größer, als er
ist. Er ist oft geheim und kann plötzlich zutage treten. Aber nicht
nur wer sein Leben lang einen Schatz zu finden hofft, auch wer einen anlegt,
stellt sich vor, daß er immer größer wird, und tut alles
dazu, dies zu bewirken. Es ist gar kein Zweifel, daß bei manchen Menschen,
die für ihr Geld allein leben, der Schatz an die Stelle der menschlichen
Masse tritt. Viele geschichten von einsamen Geizhälsen gehören
hierher; sie sind die mythische Fortsetzung der Märchendrachen, für
welche die Bewahrung, Betrachtung, Betreuung eines Schatzes der einzige
inhalt ihres Lebens war.
Canetti-"Masse und Macht" |
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